Die zweite und dritte Woche stehen an. Gestartet wird diese Woche mit einem
Hockey-Match in der Steel Arena in Kosice. Eishockey ist in der Slowakei
Nationalsport Nr. 1. Die Extraliga besteht aus 11 Teams, wobei ein Team dabei
eine Nachwuchsmannschaft des Verbandes ist. Der amtierende Meister, HC Slovan
Bratislava, und große Rivale vom HC Kosice, ist vor der Saison in die russische
Profiliga gewechselt. Eine Liga in der neben Slovan auch Teams aus der Ukraine,
Tschechien, Lettland, Kasachstan, Russland und Weißrussland spielen. Um sich
dort für einen Startplatz zu bewerben, muss man mindestens 10 Mio € hinterlegen
können. Auch in dieser Liga geht es in erster Linie um finanzielle Aspekte.
Einen sportlichen Auf- und Abstieg gibt es nicht. Startlizenzen können beliebig
verkauft werden, so dass Teams mal eben von einem Land in ein anderes verschoben
werden können. Wie mir ein Kollege hier berichtet, leidet durch diesen
Abgang von Slovan die Liga enorm. Der Zuschauerschnitt ist rapide gesunken und
das sportliche Niveau ebenfalls.
Dienstag, 09.10.12: HC Kosice – Zilina 5:0
Steelarena in Kosice, Bully 18.00 Uhr, Zuschauer ca.
3.500
Die Steelarena wurde 2006 gebaut, war Schauplatz der letzten Eishockey-WM
2011 und ist eine dieser lieblosen, hässlichen Multifunktionsarenen, wie man sie
auch von daheim kennt. Die Preise liegen auch hier im sehr moderaten Bereich
zwischen 3,00 € und 6,00 €. Ich wähle den Bereich für 5,00 €. Zu meinem
Erstaunen muss ich feststellen, dass in der Halle nichts erlaubt ist. Keine
Kamera, keine Tasche, keine Getränke. Zum Rauchen strömen die Massen in den
Drittelpausen vor die Halle. Während man in hiesige Stadien alles ohne weiteres
reinbekommt, wird diese Arena durch schwer durchtrainierte, finster drein
schauende Sicherheitskräfte gesichert. Also bin ich gezwungen, mein gesamtes Hab
und Gut an dem Tag für 50 ct in einem Container vor der Halle zu deponieren. Im
Gegensatz zum Fußball ist man beim Hockey schon auf den Merchandising-Zug
aufgesprungen und so existiert immerhin ein kleiner Shop in der Halle. Essen und
Trinken sind zu ähnlichen Preisen wie beim Fußball zu bekommen, etwas teurer,
weil vermutlich das Umfeld etwas moderner daher kommt…
Mein letztes
Eishockeyspiel liegt 18 oder 19 Jahre zurück. Ein Freitagabend, 2. Bundesliga
Nord, ECD Sauerland – Essen-West. Stehplatz, verrauchte Halle, absoluter Kult
damals, noch ein ehrlicher Wettkampf ohne amerikanisierter Show, mit
traditionellen deutschen Eishockeyvereinen Vereinen, um Auf- und Abstieg auf
sportlichem Weg.
Na immerhin, zum Einlaufen der Mannschaften wird hier
Master of Puppets gespielt, danach leider das übliche Chartprogramm rauf und
runter, bei jeder Unterbrechung. Dazu hüpfen leicht bekleidete, gerade der
Pubertät entsprungene Mädel an jedem Treppenaufgang wedelnd mit irgendwelchen
Puscheln rum. Ich kann diesem amerikanisierten Sport einfach nix abgewinnen.
Eine Gruppe Fans – ca- 20-30 Leute – machen hinterm Tor Alarm. Das klappt auch
ganz gut. Fans des Gegners sucht man vergebens. Keine da. Das Spiel ist ganz ok,
unterhaltsam. Kosice haushoch überlegen, Zilina zu schwach. 2 Zeitstrafen für
Zilina wegen Wechselfehler erinnern mich stark an den dreifachen falschen
Einwurf von P. Degen einst auf der Alm. Nach zwei Stunden ist die Messe gelesen,
5-0 für Kosice. Ich bin der einzige in der Halle der, wie vom Fußball gewohnt,
aufspringt, wenn das Spielgeschehen in einem für mich nicht einsehbaren Winkel
auf dem Eis stattfindet. Irgendwann frage ich mich, wieso das kein anderer um
mich herum tut – bis ich den großen Videowürfel unter der Decke wahrnehme, auf
dem das Spiel übertragen wird…
Ok, nett mal gesehen zu haben.
Mittwoch, 10.10.12: Ligapokal in Ungarn, Diosgyör – Egeri 3:0
DVTK-Stadion in Miskloc, Ungarn, Kick-Off 17.00 Uhr, Zuschauer ca.
1.600
Ligapokal in Ungarn sollte es also sein. Ligapokal braucht auch dort kein
Mensch, was an den Zuschauerzahlen ersichtlich ist, denn die Liga-Heimspiel vom
DTKV besuchen doch schon mal 8.000 Zuschauer. Mit Egeri kommt immerhin ein
Nachbar, wo man ein Derby interpretieren könnte.
Miskloc liegt ca. 90
Überland-Kilometer von Kosice entfernt. Mangels Alternative miete ich mir ein
Auto und fahre dorthin. Skoda Fabia, bei dem nach wenigen Meter bereits de
Motorwarnleuchte aufleuchtet. Egal, kenne ich von daheim.
Infos zum Spiel und insbesondere zum Ticketing zu bekommen war nicht
möglich. Mehrer Anfragen meinerseits, wurden nicht beantwortet. Im Netz
kursierte die Aussage, man müsse sich mittlerweile in Ungarn wegen einem
Anti-Hooligan-Gesetz beim Kartenkauf registrieren lassen und müsse entsprechend
Zeit mitbringen. Pusteblume. Hinfahren, Parken vorm Stadion, Ticket kaufen,
freie Platzwahl, fertig. Der Reihe nach: das Stadion ist ein
Multifunktionssportplatz vom allerfeinsten. Zwei relativ neu wirkende Tribünen
an den Geraden, alte, verrostete und unüberdachte Tribünen in den Kurven. Das
Stadion hat eine Laufbahn und eine Weitsprunggrube, die aufgrund ihrer Tiefe den
Namen Grube noch zurecht im Namen trägt. Die Stadionkneipe ist ein Bierzelt und
das Stadion wird von schwer aufgepumpten Ordnern gesichert. Die Einlasskontrolle
läuft ohne Probleme. Aber, man will doch einen Blick in meinen Rucksack werfen
und bedankt sich gar dafür, dass ich das relativ kooperativ über mich ergehen
lasse. Einen Fanshop gibt es auch. Der Eintritt ins Stadion kostet 500 HUF, was
ca. 1,80 €. Der Schal kommt mit 2.500 HUF auch relativ günstig.
Der Ligapokal
wird in Gruppen ausgespielt, wobei die Mannschaften nach regionalen
Gesichtspunkten eingeteilt werden. Es wird eine Runde im Herbst und eine
Frühjahr gespielt . Die Sieger beide Runden spielen dann den Ligapokal aus. Ob
es dafür dann einen EL-Platz gibt? Keine Ahnung.
Diosgyöri VTK wurde 1910 gegründet. Seinen Platz in der ersten ungarischen
Liga hat der Verein jedoch über eine Lizenz eines anderen Vereins 2004 erkauft.
Egeri FC ist auch ein Erstligaverein, ein paar Kilometer von Miskolc entfernt,
über den es aber leider kaum Infos gibt. Der Verein ist zu dieser Saison
aufgestiegen und verfügt über ein Stadion, was teilweise nicht zu den
Erstligaspielen zugelassen ist. Viel mehr geben meine Ungarischkenntnisse leider
nicht her…
Im Stadion knistert es – aber nicht weil das Spiel alle vor Spannung von
den Stühlen reißt, sondern weil der ungarische Fußballfan zum Spiel ein
gefühltes Kilo Pistazien puhlt. Jeder. Aus dem Grund wird das Zeug vor dem
Stadion und auf den Zuwegen auch Säckeweise verkauft.
Zum Spiel: das Spiel
ist naja. Das Niveau etwas besser als die letzten Spiele in der Slowakei. Etwas
mehr Körpereinsatz, etwas mehr Technik, ähnlich wenig Tempo, dafür aber eine
ziemliche Theatralik. Support ist etwas da, wenn sich der auch durch vereinzelte
Gesänge und Zwischenrufe auszeichnet. Bis zur Halbzeit passiert nix. Danach dann
ein Freistoßtor, ein Elfer und ein tor aus dem Spiel. Das wars. Die Tore wurden
kaum bejubelt, der Gegner hat sich nach dem 0-1 nicht mehr gewehrt. Ligapokal
halt.
Freitag, 12.10.12: WM-Qualifikation 2014, Slowakei – Lettland
Pasiensky
Stadion in Bratislava, Kick-Off 20.15 Uhr, Zuschauer ca. 4012
Ja! Internationaler Fußball. Das Nationalstadion der Slowaken wurde vor ein
paar Jahren mangels Sicherheit gesperrt. Seit dem tingelt man zwischen
Bratislava (Hauptstadt) und Tranava (größtest aktuelles Stadion) hin und her.
Heute wird im Stadion von Slovan Bratislava gespielt. Die Karte organisiere ich
mir bereits vor einigen Wochen in Deutschland. Platz in der Kurve, 17 €. Das
Stadion ist schwach besetzt, der Gegner nun auch nicht einer, der Massen
mobilisieren kann. Ein paar Schotten haben sich als Letten verkleidet und entern
den Bierstand. Zu meiner Verwunderung gibt es Alkohol, trotz UEFA/FIFA. Schnell
noch einen Schal geholt (15 €) und ein Pils (variiert heute zwischen 1,20 € und
1,50 € der halbe Liter), dann ab in den Block. Das Spiel startet gleich richtig
durch. Nach 8 Minuten steht es bereits 2-0 für die Slowaken. Die Letten sind
irgendwie nicht auf dem Platz. Die Slowaken spielen ordentlich. Man merkt, dass
alle ihr in eher stärkeren Ligen im Ausland spielen. Der Support ist ok, trotz
der relativ schmalen Besetzung. Auch ein kleiner lettischer Block ist vorhanden,
der aber relativ schnell den Support einstellt. In der Halbzeit treffe ich auf
ein paar gut betankte slowakische Kinder. Where are you from? England? USA? Nö,
Germany. „Hitler“. Na endlich, hab ja lange auf diesen Scheiß warten müssen
hier. Ich bin genervt und wende mich ab, trotzdem will man noch wissen, von
welchem Team ich Fan sei. Für Borussia geht der Daumen hoch und Anerkennung für
Marco Reus usw. Trotzdem, die Hitler-Scheiße nervt. Zweite Halbzeit. Wie in der
vergangen Tagen, ziehen die Temperaturen ordentlich an. Es wird langsam echt
scheiße kalt und das Spiel plätschert dahin. Die Slowaken tun nur das Nötigste,
für die Letten reicht es. Trotzdem langt es kurz vor Schluss zum Elfer und zum
Anschlusstreffer. Mehr geht dann aber beim besten Willen nicht mehr, trotz 5
Minuten Nachspielzeit. Taxi, Hotel, Ende. Bin gespannt, ob die Slowaken es
wieder schaffen, sich für 2014 zu qualifizieren.
Sonntag, 14.10.12: 3. Slowakische Liga, Gruppe West, Slovan Bratislava B –
MFK Vrbové 5:0
Stadion Rápid in Bratislava, Kick-Off 10.30 Uhr, Zuschauer ca. 70
Die Internetseite des ÖPNV in Bratislava ist zum Glück sehr gut – auf
Englisch. So finde ich ziemlich schnell heraus, wie ich zum Stadion komme. Das
Stadion liegt im selbigen Stadtteil Ruszinov und hat scheinbar schon mal einen
Erstligisten aus Bratislava beheimatet. Zumindest finde ich veraltete
Hinweistafeln auf den FC Petrzalka, immerhin vor x Jahren mal slowakischer
Meister als Artmedia Bratislava und CL-Quali-Gegner von Celtic Glasgow. Erstliga
Fußball dürfte aber selbst für slowakische Verhältnisse hier vorerst nicht
gespielt werden. Das Stadion besteht aus einer überdachten Stahlrohrtribüne, die
ihre beste Zeit ebenfalls kurz nach dem zweiten Weltkrieg gehabt haben dürfte.
Die Gegengerade besteht aus klassischen Steinstufen, die Kurven sind ein
begrünter Erdwall. Auf diesem Erdwall befindet sich interessanterweise ein
kleiner Soccer-Court, wie man ich aus hiesigen Fußball-Hallen kennt. Diese
Anlage wurde an diesem Morgen – während des Spiels versteht sich – von 10
Hobbykickern aus der Nachbarschaft zu, sonntäglichen Frühsport genutzt.
Nach
dem ich die Haltestelle erreicht habe, stehe ich erst mal wie verloren da.
Nichts deutet auf ein Stadion, Sportplatz oder sonstiges. Zum Glück waren 2
Jugendspieler von Slovan im selben Bus, die scheinbar heute Morgen als
Balljungen Dienst schieben müsse. Denen folge ich unauffällig. Am Stadion – mit
eigenem Hotel – werde ich erst mal gefragt, ob ich ins Hotel will. Das liegt
vermutlich daran, dass ich meinen Trolli im Schlepptau habe. Dann werde ich
gefragt, ich von der Presse sei. „I just want to see the match.“ Ok, 1 €
Eintritt bezahlt und rauf auf die Tribüne. Die Mannschaften machen sich eher
alibimäßig warm. Es wird viel gelacht und geflachst, auf beiden Seiten. Slovans
B-Truppe ist, wie bereits in der Vorwoche in Presov, die U21 des Clubs. Das
Spiel beginnt, Support ist nicht da. Das Spiel ist auch eher langweilig, ohne
Torchancen. Das einzig aufregende ist Slovans Keeper, der um die 35. min eine
schwerre Arro-Attacke hat, weil ihm ein Balljunge den Ball nicht Millimeter
genau in den Fuß spielt. Da hat sich wohl einer am Vorabend im falschen Team auf
der Playstation gespielt…Zur Halbzeit ein trostloses 0-0. Einen Versorgungsstand
scheint es im Stadion auch zu geben. Ich hab aber keine Lust, mit Sack und Pack
aufzubrechen. Daher leider keine Info über Preise hierzu. Die zweit Halbzeit
wird dann recht amüsant. Schnell fällt das 1-0 per Elfer und das Schützenfest
startet. Vrbove ergibt sich nun ziemlich schnell und der Slovan-Nachwuchs hat
leichtes Spiel. Am Ende ein netter Aufgalopp bei sonnigem Wetter in den Sonntag.
Sonntag 14.10.12: 3. Slowakische Liga, Gruppe West, LP Domino Bratislava - ŠKF Sereď A 2:3
Stadion ohne Namen in Bratislava, Kick-Off 14.30 Uhr, Zuschauer ca.
150
Das Spiel passte wunderbar in meinen Zeitplan. Der Zug zurück nach Kosice
ging erst um 17.40 Uhr. Informationen zum Stadion zu bekommen war recht
schwierig. Im Internet wurde die Spielstätte als „Stadion LP Domino“
ausgewiesen, sämtlichen Routen- oder Stadtplänen dieser Welt war diese
Spielstätte jedoch nicht bekannt. Immerhin war die Anschrift des Vereins bekannt
und somit mache ich mich auf den Weg zu dieser. An der Haltestelle ankommen,
stehe ich mal wieder wie ein Ahnungsloser in der Gegend herum. Diesmal sind
keine Balljungen oder Fans im Bus, denen ich unauffällig folgen kann. Ich stehe
in Mitten eine Wohnsiedlung wo absolut nichts auf ein Stadion hindeutet. Dann
höre ich aber einen Pfiff aus einer Trillerpfeife und vertraute Geräusche, die
zumindest auf ein Fußballspiel in der Gegend hindeuten. Ich folge dem Geräusch,
irre aber immer noch ziemlich planlos umher. Dann sehe ich einen Bus, aber auch
ein Hotel. Durch den Biergarten des Hotels sehe ich einen Rasenplatz – wohl
gemerkt kein Stadion. Hier muss es sein, aber wie kommt man dort rein? Ein paar
Meter weiter sehe ich eine offene Tür in einem Zaun. Bingo, hier ist also der
Eingang. Ein DIN-A4-Zettel an dem Bretterzaun sagt mir, dass heute um 14.30 Uhr
oben genanntes Spiel stattfinden wird. Der Eintritt kommt mit 2 € teurer als
bisher in dieser Spielklasse. Hinter dem Bretterzaun befindet sich ein
Rasenplatz. Die eine Außenlinie ist ca. 1m von der Außenwand des Hotels
entfernt. An der anderen Außenlinie kann man sich ein Plätzchen suchen Um die
Mittellinie herum sich ca. 50 Plätze in Stuhlreihen verfügbar. Super, das ist
ein Feeling, wie man es von früher, Sonntags in der Kreisklasse kannte… Egal.
Pils kostet 1 € und wird mit viel Liebe ca. 7 min gezapft. Dazu gibt es
Kurzgebratenes im Brötchen, ebenfalls mit viel Hingabe zubereitet. Als ich um
14.20 Uhr den Sportplatz betrete, wird gerade das Jugendspiel abgepfiffen. So
viel dazu, wie professionell diese Liga ist. 14.30 Uhr ist Anstoß. Die Heimfans
bestehen vornehmlich aus den Jugendspielern, deren Angehöriger und ein paar
Leuten. Der Gegner bringt ein paar Leute in Vereinsfarben mit, mit Trommel,
Blockfahne und dem Willen, zu supporten. Das gelingt in den ersten Minuten auch
ganz vernünftig. Dann jedoch die Führung für LP und Mitte der Halbzeit das 2:0.
Das Spiel scheint gelaufen. Nach der Halbzeit dreht sich das Blatt jedoch Sered
drückt. Ein Schuss aus 25m landet direkt uns ansatzlos im Giebel. Da war klar,
da geht noch was. Am Ende heißt es verdient 3:2 für Sered, die das Spiel schön
gedreht haben.
Ein Erlebnis der anderen Art. Familiär, einfach aber trotzdem 3.
Liga.
Sonntag 16.10.12: WM-Qualifikation 2014, Ungarn – Türkei 3:1
Puskas-Ferenc-Stadion in Budapest, Kick-Off 20.30 Uhr
Die wohl abgefahrenste Aktion habe ich mir für das Ende dieses Abschnitts
aufgehoben. Das Spiel habe ich schon länger bei den Planungen auf dem Schirm
gehabt. Leider war es äußerst schwierig, Informationen zum Ticketing für das
Spiel zu erhalten. Der ungarische Verband hat auf mehrere Anfragen nicht
reagiert. Irgendwann habe ich durch Zufall im Netz herausgefunden, dass die
Tickets für die Länderspiele über eine Reisebürokette vertreiben werden, die
auch online verkaufen. Leider war die Seite eher miserabel und undurchsichtig
sowohl ins Deutsche als auch ins Englische übersetzt, so dass ein Ticketkauf
hier für mich zu undurchsichtig war. Leider wurden aber auch mehrere Anfragen an
diese Reisbürokette einfach ignoriert. Da das Spiel relativ spät abends
stattfinden sollte, Budapest zudem 3 Autostunden von Kosice entfernt ist, buche
ich mir ein Hotel. Direkt am Stadion, 19 €. Nachdem nun alles Ticketquelle zu
versiegen scheinen, frage ich freundlich am Hotel an, ob man mir nicht ein
Ticket oder zumindest eine Info geben kann. Das Hotel reißt sich ein Bein aus,
kontaktiert den Verband, schickt mir ein paar Links, aber leider alles schon mir
bekannte Dinge. Trotzdem, Daumen hoch. In der letzten Verzweiflung jage ich ein
paar Seiten durch den Google-Translator und siehe da, Tickets kann man angeblich
im ganzen Land in den Büros der o.g. Kette kaufen. Das finde ich am Tag heraus,
an dem ich ohnehin nach Miskolc zum Liga-Pokal fahre und siehe da, in der Stadt
gibt es ein Büro. Also, Zwischenstopp in der Stadt, Karte kaufen. Natürlich
spricht man kein bzw. kaum Englisch. Fußball? Welches Spiel? Egal, es
funktioniert Die Karte wird personalisiert und kostet am Ende knapp 17 €. Was
ein Akt.
Ich miete mir ein Auto und fahre nach Budapest. Alles super. Hotel
ist auch ok und wirklich einen Steinwurf vom Stadion entfernt. Das Stadion – zu
Beginn der Fünfziger als modernstes Stadion in Europa gepriesen, ist leider seit
Jahrzehnten dem gnadenlosen Verfall ausgesetzt. Auch hier träumt man von etwas
Neuem, hat aber nicht mal genug Geld, dass Vorhanden halbwegs in Schuss zu
halten. Schade, dieses Stadion hat was. Nur die Vip-Bereiche auf Höhe der
Mittellinie sind überdacht, ansonsten ist das Stadion offen. Die Gegengerade hat
sogar eine zweite Ebene, die aber leider seit Jahren geschlossen ist, weil das
Stadion einfach marode ist. Der Unterrang ist aber fast ganz gefüllt. Der
Gästebereich ist ebenfalls ganz ordentlich voll und dort herrscht auch gleich
ziemlich guter Support. Der Schal kommt mit 12 € auch preislich einigermaßen
gut. Bier bzw. Alkohol gibt es im Stadion nicht. Die Klientel ist leider sehr
stark von Leuten unterwandert, die einem gewissen politischen Außenflügel
zuzuordnen ist. Leider ein generelles Problem des ungarischen Fußballs seit
Jahren. Interessant ist das Spiel natürlich, weil es das Aufeinandertreffen
zweier ehemaliger Borussen ist: Nuris Sahin vs. Tamas Hajnal. Ja, letzteren gibt
es auch noch.
Die Türken zeigen gleich, wer Herr im Haus ist. Ziemlich
souverän, technisch stark dominieren sie das Spiel. Die Ungarn wirken nervös,
Laufen kreuz und quer, nichts gelingt. Die Türken gehen schnell in Führung.
Statt ihre Klasse aber einfach weiter auszuspielen, beginnt man nun, sich nach
25 min mehr auf die B-Note zu konzentrieren. Mehrer Spieler geben ein
Bewerbungsschreiben für Hollywood ab. Jeder Windhauch, jede vom Gegner auch nur
angedachte Grätsche führt zu minutenlangen Verletzungspausen. Ätzend. Zum Glück
nutzen das die Ungarn und werden besser. Hajnal wird zum Dreh- und Angelpunkt.
Nuri Sahin, der keine Bewerbungsvideos für die Filmindustrie einreicht, taucht
mehr und mehr ab. Kurz vor der Halbzeit fällt der Ausgleich. Das Stadion, in dem
die Ungarn seit Anpfiff wirklich Alarm machen, explodiert. Die Türken sind
merklich ruhiger geworden, feuern aber trotzdem weiter ihre Mannschaft an.
In
der Halbzeit suche ich vergeblich die sanitären Einrichtungen des Stadions und
finde sie schließlich an den Büschen hinter der Tribüne.
Die zweite Halbzeit
beginnt, wie die erste geendet hat. Die meisten Türken haben in der Halbzeit
noch keine Angebote aus Hollywood bekommen und bewerben sich weiter. Die Ungarn
nutzen das und treffen recht schnell zum 2:1. Kurz darauf gerätscht Hamit A. aus
GE ziemlich unmotiviert im eigenen Strafraum durch die Gegend und fällt gleich
mal einen Ungarn. Elfer, drin, 3:1. Das Spiel ist eigentlich gelaufen. Den
Türken tun jetzt grätschen und Windböen nicht mehr ganz so doll weh, aber
richtig was auf die Kette bekommen sie auch nicht mehr. Die Fans dokumentieren
das dadurch, dass sie versuchen ab der 75 min aus dem Block zu kommen. Geht aber
nicht, weil Blocksperre. Die Stimmung im Stadion ist sehr gut. Die Ungarn
kämpfen ordentlich mit Mann und Maus . Hajnal darf eine Viertelstunde vor
Schluss verdient vom Platz. Ende, Aus, Ehrenrunde. Das haben sich die Ungarn
verdient. Nach die türkischen Fans wüst ihre Hollywood-Helden verabschiedet
haben, gibt es auch noch aus der Kurve ordentlich Applaus für die
Ungarn.
Über die Berge von Sonnenblumenkernen- und Pistazienresten geht es
ab ins Hotel. Schlafen. Die Nacht ist kurz. Um kurz nach 07.00 Uhr muss ich
wieder in Kosice sein…
Fazit: Interessante Woche, mit steigendem fußballerischem Niveau.
Ungarische Vereine/Verband haben scheinbar keine Lust auf ausländische Gäste.
Die Slowaken sind da genau das Gegenteil. E-Mails wurden alle schnell, hilfreich
und nett beantwortet.
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Schwarzgelbe Grüße von: Holger