Mittwoch, 28. November 2012

Komm, wir fahrn´ nach Amsterdam!

Ein Bericht über Unterhosen in St. Pauli-Farben, eine holländische Putzmittelvereinigung, einen Deutschen, der jetzt Däne ist und eine Baumarktbesichtigung im Rheinhessischen.

"Tulpen aus Amsterdam" - eine nette Ouverture.
zuvor angekündigt, BVB-Fans keinen Einlass zu den Heimbereich zu gewähren. Somit war unsere Strategie, auch nach Rücksprache mit unserem Ajax-Freund, möglichst nicht als Deutsche aufzufallen, Englisch zu sprechen oder einfach den Mund zu halten. Also, eine gewisse Unsicherheit war also auch noch mit im Gepäck.
Nicht nur wir waren auf Betriebsausflug, auch die Bundespolizei hatte schwer mobilisiert. Am letzten größeren Parkplatz an der A3, bevor man die Grenze passiert, wurde alles, was mehr als 4 Räder und mehr als 5 Mann Besatzung an Bord hatte zum Kaffeeklatsch rausgewunken.
Unsere schwatzgelben Schals, mit denen wir das Auto dekoriert hatten, wurden mit Grenzübertritt in Elten entfernt. Ob diese Maßnahme bei eindeutigem Dortmunder-Kennzeichen mit Sympathiebekundung (1909) sinnvoll bzw. nötig war, lasse ich mal dahin gestellt. Die Mehrheit der Mitreisenden wollte es so… 
Unsere Reiseplanung sah vor, bis Utrecht zu fahren und von dort mit dem IC bis zur Amsterdam Arena. Auch diese Route wurde uns von holländischer Seite mehrfach empfohlen, um zum einen nicht unnötig mit deutschem Kennzeichen in Amsterdam rumzugurken und zum anderen, um dem Verkehrschaos nach Spielschluss zu umgehen. Da im Auto doch einige Pivo zur Beruhigung flossen und irgendwann die Blase entleert werden musste, strandeten wir in einem Vorort von Utrecht. Dank Andreas, der dieses Kaff inklusive Bahninfrastruktur kannte, steuert wir den dortigen Bahnhof an und entschlossen uns, unsere Reise bereits ab hier mit dem Zug fortzusetzen. Der Ticketautomat stellte uns gleich vor eine richtige Herausforderung und nur dank einer sehr netten Holländerin konnten wir endlich unsere Tickets ziehen. Wir fuhren bis Utrecht Hauptbahnhof und von dort wie geplant mit dem IC weiter. Obwohl Utrecht nicht gerade Ajax zu den besten Freunden zählt, waren am Bahnhof schon einige Ajax-Fans zu sehen. Feindkontakt drohte, es wurde also ernst. Fortan herrschte erst mal schweigen in unserer Reisegruppe. Selbst die Autobild-Werbung auf der Warsteiner-Dose wurde möglichst verdeckt bzw. die Dose einfach in einem Zug geleert. Im Zug ein ähnliches Bild: Ajax wohin man sehen konnte und wir mittendrin, schweigend oder krampfhaft Englisch sprechend. Eigentlich zu offensichtlich, als wenn da den Hintergrund nicht erkennen könnte… Egal, die Bahnfahrt war völlig stressfrei. Trotzdem war die Anspannung natürlich bei uns präsent. Im Bahnhof an der Arena wich sie dann aber langsam, als wir die ersten Schwatzgelben, sich offen und eindeutig zeigend, unter den vielen Ajax-Fans, völlig frei bewegen sahen. Das hatten wir so nicht erwartet. Die Anspannung wich. Polizei und Sicherheitskräfte sicherten den Bahnhof und den Vorplatz, bleiben aber dabei dezent im Hintergrund. Nach und nach trudelte dann auch unsere Reisegruppe ein. Horti und Vincent irgendwo aus einem Kaff zwischen Amsterdam und Rotterdam, Marcel, Basse, Kulla und seine Kumpels aus Amsterdam City. Alles gut. Das 6-Pack Heineken gab es im Supermarkt des Bahnhofs zum fast geschenkten Vorteilspreis von 15 €, somit konnte das Vorglühen aufs Spiel beginnen. Vincent, der uns über Ajax netterweise 7 Karten besorgt hatte, begleitet uns dann noch ein Stück zum Stadion und insbesondere die Jungs, für die er Karten besorgt hatte, noch zum Block. Alles war einfach zu entspannt, um wahr zu sein, was sich dann beim Einlass auch zeigen sollte. Während Manuel und ich einmal das Stadion Richtung Gästeblock umkreisten und dort einer sehr zeitintensiven Kontrolle unterlagen, mussten die anderen nun zittern, doch ins Stadion zu kommen. Ajax hatte sich nun doch dazu entschlossen, der Einfachheit halber, nicht nur Dortmundern den Eintritt in die Heimbereiche zu verwehren, sondern gleich jedem Deutschen. Sehr bedenkenswerte Praxis, wenn man sich überlegt, dass es durchaus deutsche Ajax-Fans geben soll. 2 Jungs, die Karten in einem anderen Block als der Großteil hatten, hat es dann auch gleich beim Einlass erwischt. Die beiden durften das Spiel im Hotel gucken. Trotz schneller Kontaktaufnahme mit der Fanbetreuung des BVB Vorort war da nichts zu machen (siehe auch den heutigen Bericht dazu in den RN). Echt scheiße, aber des Risikos war man sich vorher eigentlich bewusst. Basse musste sich als Köln-Fan ausgeben – trotz Karten aus dem Ford-Sponsoren-Pool wollte man ihn da wohl nicht reinlassen – konnte aber geschickt und listig einem Ordner entwischen und im Block ungesehen untertauchen.
Die Feier nach dem sportlichen Spaziergang.
Von den Karten, die über Vincent besorgt wurden, hat es dann ausgerechnet Horti erwischt – also derjenige, der eigentlich den Kontakt zu Vincent hält. Sein Glück war, dass Vincent vorm Block gewartet hatte, bis alle durch waren. Er und Horti, der ab sofort Redeverbot verordnet bekommen hatte, sprinteten die Arena entlang zu irgendeinem Sondereingang für Behinderte, da Vincent dort den Ordner kannte. Die Geschichte war nun, dass Horti Däne sei, extra wegen Christian Eriksen die lange Reise nach Amsterdam angetreten sei und nun – warum auch immer – trotz Karte keinen Zutritt zum Stadion bekam. Da Horti zum Glück wie ein echter Wikinger aussieht, funktionierte tatsächlich. Horti durfte mit ins Stadion und hatte das Glück, das gesamte Spiel in Mitten der berüchtigten F-Side von Amsterdam zu verbringen. Respekt. Er hat es überlebt und hat bereits die dänische Staatbürgerschaft als Thomas Hortinsen beantragt.
Wir im Gästeblock hatten einen völlig unaufgeregten Arbeitstag. Ankommen, 4 Tore bejubeln, Blocksperre, Polizeieskorte, abhauen. Ganz entspannt und einfach. Ich denke, mehr braucht man nach dem Spielverlauf nicht mehr zu sagen.
Zurück gings dann, nach o.g. Blocksperre etwas später, wieder vom Bahnhof der Arena. Alles gut, alles entspannt. Das Spiel war einfach zu eindeutig. Wir bekamen sogar noch den letzten Zug in das Kaff, wo unsere Autos parkten. An diesem Tag passte einfach alles.
Unterm Strich hatte die Fahrt eher etwas von auswärts in Hoffenheim. Zum Glück.

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Schwarzgelbe Grüße von
: Holger