Donnerstag, 6. September 2012

Mes que un club

Am letzten Sonntag hat es uns also ins Camp Nou in Barcelona verschlagen. Ein verlängertes Wochenende ich Barcelona (Stadt ist sehr zu empfehlen!) mit Besuch des größten europäischen Stadions lag vor uns. Valencia, immerhin dritter der abgelaufenen Saison, war zu Gast bei Barca.
In der Stadt wird man an jeder Ecke mit Blau-Rot konfrontiert. Wenn die Leute keine Barca-Fahnen aus ihren Fenstern oder von ihren Balkons hängen haben, dann immerhin die gelb-roten katalonischen Flaggen. Da zudem jeder dritte Tourist in der Stadt auch ein Barca-Trikot trägt, dominieren die Farben überall. Der andere Club aus Barcelona, Espanyol, spielt nicht mal eine untergeordnete Rolle in der Stadt. Der Club existiert in Barcelona quasi nicht. Das hat seinen Ursprung sicherlich auch darin, das Espanyol ein „königlicher“ Club ist und somit von den Katalanen als spnischer Club angesehen wird. Immerhin hat man in den letzten Jahren seine Identität zur Region damit bekundet, dass man seit einige Jahren offiziell den Vereinsnamen Espanyol in katalanischer Schreibweise führt. Barca hingegen ist insbesondere während der Franco-Diktatur als Symbol der kulturellen Identität Kataloniens geworden und wird daher von den Katalanen sehr verehrt.
Fanartikel kann man an jedem Zeitungsstand in der Stadt nur von Barca erwerben. Was mich überrascht hat, dass viele Läden zudem Real-Klamotten anbieten, einige dazu noch Sachen der spanischen Nationalmannschaft.
Das Stadion fällt im Stadtbild überhaupt nicht auf. Als wir das erste Mal am Stadion im Rahmen einer Stadtrundfahrt vorbei gefahren sind, wirkte es wie ein grauer, hässlicher Klotz, wo man nicht den Eindruck hatte, dass dort 100.000 Zuschauer Platz finden würden. Das Stadion liegt eingebettet in ein Wohngebiet am Rande des Stadtzentrums.
Der Spieltag in Spanien ist zerstückelt wie Löffel Paniermehl. Nahezu jedes Spiel hat eine eigene Anstoßzeit. Der Spieltag beginnt am Samstagabend 18 Uhr, das letzte Spiel wird am Montag um 23 Uhr angepfiffen. Unser Spiel begann nun am Sonntag um 21.30 Uhr. Auf dem Weg zum Stadion kamen wir an ziemlich gut gefüllt Bars vorbei. War beruhigend zu sehen, dass die Leute in Barcelona vorm Spiel auch eine vertraute Kneipen- und Bierkultur pflegen. Am und im Stadion wird einem dann spätestens die Dimension der bewusst. Da wir auf der Suche nach unserem Eingang gleich mal die falsche Richtung gewählt hatten, durften wir zwangsläufig einmal ums ganze Stadion laufen. Das war schon beeindruckend und der Weg schien unendlich lang. Im Stadion selber wurde dann erst mal ordentlich Material gekauft. Die Preise sind schon recht gesalzen: ein Trikot ohne Namen kostet 85 €, eins mit 99 €, ein Schal 20 €. Aber die Leute kaufen wie verrückt die Utensilien. Wir hatten Karten für den obersten Ring, die günstigste aller Preisklassen für schlappe 100 € pro Karte. Die Karten hat ich über einen „offiziellen Ticketagenten“ gekauft. Der Verein selber reserviert erst mal alle Tickets für seine Mitglieder. Alle Tickets die bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht abgerufen werden, gehen dann ca. 14 Tage vorher in den freien Verkauf. Das Stadion ist aber nie ausverkauft, außer gegen Real. Somit wurden selbst am Spieltag an sämtlichen touristischen Punkten in der Stadt, in offiziellen Ticketagenturen noch Karten für das Spiel angeboten. Die Plätze waren, trotz schwindelerregender Höhe, ganz ok. Leider wird im Stadion aber nur alkoholfreies Bier verkauft, worauf man aber nicht hingewiesen wird. Also, hatten wir leider zwei Fehlschüsse, bis wir es gemerkt haben und den Verzehr eigestellt haben…
Das Spiel begann bei sehr angenehmen Temperaturen. Barca war erschreckend ballsicher, obwohl einige Stammspieler wie Puyol, Villa und Inesta fehlten. Valencia stand sehr tief, igelte sich um den Strafraum ein und spielte auch erkennbar ohne defensives Mittelfeld. Falls mal ein Ballbesitz zustande kam, so dauerte der kaum länger als 20 sec. Barca hingegen spielte merklich mit angezogener Handbremse. Der Ball wurde so lange hin und her gespielt, bis sich irgendwo eine Lücke ergab – zwangsläufig über außen. Irgendwann um die 20. Min herum fiel dann auch das erste und leider einzige Tor. Danach produzierte Barca Chance um Chance. Aber da man leider die Philosophie verfolgt, keine einfachen Tor zu schießen, wurde lieber am 5m- Raum noch mal das Dribbling gesucht oder der Quer- oder Rückpass gespielt. Valencia machte nach wie vor nichts. Ab Mitte der ersten Halbzeit durfte sich bei Valencia dann Nelson Valdez warmlaufen. Die geborene Ineffizienz verfolgte uns nun also auch hier. Anfang der zweiten Halbzeit wurde Valencia etwas offensiver und traute sich auch mal was zu. Barca zog noch mehr die Handbremse an, bleib aber nach wie vor extrem Ballsicher, so dass sich die Chancen von Valencia weiterhin auf ein Minimum einstellten. Irgendwann fiel dann sogar ein Tor für die Weißen, war aber leider Abseits. Das Spiel plätscherte vor sich hin und wurde immer langweiliger, was auch die Fans immer mehr mit Pfiffen und Unmutsäußerungen quittierten. Insbesondere das Verlangen, dass die Spieler auch mal aus der zweiten Reihe schießen sollten, wurde nun des Öfteren geäußert. Es passierte aber nichts mehr. Ein langweiliges Spiel ging also mit einem langweiligen Ergebnis zu ende.
Auffällig war, dass Messi zwar sicherlich der beste Fußballer bei Barca ist, aber auf keinen Fall der Star. Messi ist Teil des Ganzen, denn irgendwie kann da jeder verdammt gut spielen. Die Mannschaft ist so dominant, dass sie zu jeder Zeit, wenns sein muss, die Zügel anziehen kann. Das war schon sehr beeindruckend. In Spanien scheint es aber leider so zu sein, dass man recht körperlos spielt. Jeder kleinste Zweikampf wurde sofort unterbunden. Die Spieler reklamieren viel und tragen offen ihre Wehwehchen zur Schau. Messi genießt bei den Schiris scheinbar einen besonderen Schutz. Man hatte fast das Gefühl, dass der Schiri das Spiel sofort unterband, sobald ein Spieler nur im Dunstkreis von Messi auftauchte. Das nervte sehr.
Die Atmosphäre in dem gigantischen Stadion ist beängstigend schlecht. Es herrscht keine Stimmung. Es gibt ca. 50 Leute, die hinter dem Tor stehen und Fahnen schwenken. Die versuchen dann auch mal ein wenig Stimmung zu machen. Das wurde aber irgendwann nach 10 min eingestellt und man konzentrierte sich eher darauf, den Balljungen den Ball, der soeben in die Ränge geschossen wurde, nicht wieder zu geben…Bei der Barca-Hymne vor dem Anstoß und bei dem Endergebnis aus Madrid kamen so was wie Emotionen hoch. Das wars dann auch. Man konnte die Spieler auf dem Platz locker die Anweisungen schreien hören. Ganz bizarr war es in der Halbzeit, als ich zum Essen holen war. Es herrschte ein guter Geräuschpegel, der sich schlagartig in Totenstille wandelte. Soeben war nämlich der Anpfiff zur zweiten Halbzeit erfolgt… Die können sich dort auf jeden Fall auf was gefasst machen, wenn Celtic dort in der CL einfällt.
Nach dem Spiel dauert es dann eine Weile, bis man raus ist, obwohl viele Leute schon in der 80. Min den Heimweg antraten. Sinnigerweise fahren die U-Bahnen nur bis ca. 23.30 Uhr. Bus sind überfüllt, Taxen sowieso, so dass wir nach dem Spiel noch einen einstündigen Fußweg ins Hotel einschlagen durften. War ok, denn es war noch sehr angenehm warm draußen. Trotzdem ist das ziemlich kontraproduktiv, vor allem wenn man sich die späten Anstoßzeiten ansieht.
Fazit: Camp Nou ist ein beeindruckendes Stadion, aber leider ohne Atmosphäre. Es wird ein Spaß wenn wir dort mal mit Schwarzgelb einfallen werden.

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Schwarzgelbe Grüße von:
Eva & Holger