Samstag, 20. April 2013

Malaga CF vs. BVB - oder: "Putas Sevilla!"

Am 02. April machte sich, früh morgens, der erste Teil (Holger und Marcel) unserer Reisegruppe Richtung Costa del Sol auf. Da man kurz nach der Auslosung uneinig war, ob man nun eine oder doch zwei Übernachtungen buchen sollte und die Flugpreise durch dieses sinnfreie Geplänkel explodierten, bleib am Ende nur noch das Reisepaket „Ochsentour“ übrig. Daher gings bereits um 06.00 Uhr morgens mit dem Zug Richtung Weeze. Der Rückflug sollte gar nur bis Eindhoven gehen. Für den Fall, dass Malaga uns nicht gefallen würde, hatte Marcel noch zwei Extraflüge für Mittwochmorgen zurück nach Weeze gebucht, die wir aber dann doch nicht in Anspruch nehmen wollten…

Nach planmäßiger Landung im sonnigen Malaga, gings gleich mit dem Mietwagen in unser Hotel, Mitten in der Stadt. Kurz die Wintersachen gegen T-Shirt und Sonnenbrille getauscht und weiter ab zum Stadion, La Rosaleda. Das Stadion liegt ebenfalls sehr zentral in der Stadt. Dort mussten wir die Tickets abholen, die wir gleich am ersten Tag der Auslosung über Malaga gekauft hatten. Die Stadt wimmelte schon von einigen Schwatzgelben. Auch am Stadion sah man viel Schwarzgelb. Mit dem Mietwagen gings dann weiter nach Gibraltar. Da wir davon ausgingen, am Folgetag ein erstklassiges Spiel zu sehn zu bekommen, wollten wir es uns noch mal so richtig geben und steuerten ein Spiel der Reserverunde von Gibraltar an.
Die Fahrt nach Gibraltar entfachte auch gleich richtiges Urlaubsfeeling bei uns: strahlend blauer Himmel, tiefblaues Meer und eine sehr schöne Landschaft begleiteten uns bis nach Gibraltar.
Gibraltar verfügt über ein eigenes Ligensystem mit 6 erstklassigen Mannschaften, 11 zweitklassigen Teams sowie einer Reserverunde mit 8 Teams. Die Fußballverband dort gibt es seit 1895 (also länger als den DFB), der Serienmeister heißt Manchester United GIB. Gibraltar ist jedoch kein offizielles UEFA-Mitglied, so dass die Mannschaft auch nicht an irgendwelchen Wettbewerben teilnehmen dürfen. Die Mitgliedschaft scheitert seit Jahren am Veto Spaniens. Vorort gibt es ein Stadion, das Victoria Stadium, mit Kunstrasen, was nun nicht durch seine außergewöhnliche Architektur ein netter Ground ist, sondern durch seine einmalige Lage. Das Stadion liegt quasi zwischen Rollfeld des Flughafens und dem berühmten Affenfelsen, dem südlichsten Punkt Europas.
Nachdem wir nach ca. 2 stündiger Fahrt unseren Wagen vor der Grenze geparkt haben – die Mietwagenfirma lies keine Einreise mit dem Auto nach Gibraltar zu – gingen wir zu Fuß über die Grenze und fühlten uns bald, wie auf der Insel. Nur das Wetter war besser. Ob rote Telefonzellen, Bobbys oder Menschen in unvorteilhafter Kleidung (was Größe und/oder Farbkombination betrifft) stachen sofort ins Auge. Zudem lief jeder Zweite in einem Premier League Trikot durch die Gegend. Hinter der Grenze passiert man sofort das Rollfeld des Flughafens, durch das dann auch die einzige Straße Richtung Spanien führt. Da die Zeit recht knapp war, verzichteten wir vorerst auf zollfreies Shoppen, gönnten uns in gutes Pint im Hafen und gingen gleich Richtung Stadion. Dem Hinweis in einem Forum, dass an diesem Tag in Gibraltar was geht, waren einige Borussen gefolgt. Die meisten aber leider aus der Kategorie „Ultrakindergarten“ mit entsprechendem Auftreten.

Auf dem Plan stand das Spiel des Tabellenführers, Lincoln FC Reserve, gegen den Tabellen siebten, Lions Gibraltar Reserve. Das Spiel hatte das Niveau Thekenklasse, aber der Einsatz auf beiden Seiten stimmte. Die Jungs auf dem Platz hatten teilweise Körper, die eher auf Trainingseinheiten im Victoria Stadium Pub hindeuteten, als auf dem grünen Rasen – trotzdem, entwickelte sich ein munteres Spielchen mit vielen Toren. Die Lions gingen überraschend schnell in Fürhrung, aber Lincoln dreht das Spiel ebenso schnell. Zur Halbzeit stand es 3-1 für Lincoln. In der Halbzeit suchten wir den oben erwähnten Pub im Stadion auf. Das war dann Insel pur. Die hübsche Bardame im echt englischen Stil (s.o.) – Marcel erkannte sie erst nicht als solche – war in Begleitung von 3-4 älterer Herren, die sich dort ihr Feierabendpils oder was auch immer gönnten. An den Wänden hingen alle möglichen Devotionalien von West Ham United, Sunderland und Athletic Bilbao. Richtig britische Football-Absteige.

Der Affenfelsen in Gibraltar
Die zweite Halbzeit ging dann so weiter wie die erste aufgehört hatte. Lincoln erzielte die Treffer vier und fünf. Allerdings wurde das Spiel auch härter. Auf beiden Seiten häuften sich nun die Verletzungen. Lincoln hatte gar keine Auswechselspieler dabei und beendete das Spiel mit 9 Mann, da ein weiterer Spieler wegen Gelb-Rot vom Platz flog. Alles das nutzte den Lions auch nicht weiter. Auch die Tatsache, dass der Torhüter von Lincoln – wie vom Blitz getroffen – anfing zu humpeln. Der Typ humpelte so stark, als wenn er eine einseitige Holzhüfte hätte. Nur keiner weiß warum. Es gab kaum Zweikämpfe in denen der Torhüter verwickelt war. Vermutlich wähnte er einen Scout aus der Serie A auf der Tribüne oder wollte den Bert-Trautmann-Gedächtnispreis abräumen. Vielleicht ist ihm aber auch einfach ein Möwe von hinten in den Sack geflogen, keine Ahnung, sah aber höchst lächerlich aus.
Nach dem Spiel dann noch ein kurzer Streifzug durchs Örtchen. Leider hatten alle Läden bereits dicht. Trotzdem konnten wir für den Präsi noch eine heiß ersehnte und kostengünstige Stange Fortunas abgreifen, bevor wir uns auf den Weg zurück Richtung Malaga machten. Unterwegs legten wir noch einen kurzen Zwischenstopp in San Pedró ein, einem Vorort von Marbella. Dort trafen wir uns noch auf zwei schnelle Pils mit einem Kollegen von Holger, der netterweise zwei unserer überschüssigen Karten für das Malaga-Spiel abkaufte. Um 1.30 Uhr waren wir dann doch recht angezählt und fast unalkoholisiert wieder im Hotel.

Der Matchday begann wie gemalt. Das Wetter sah gut aus und die ersten Schwatzgelben beobachteten wir bereits für morgens mit einer Menge Flüssigem in durch die Straßen ziehen. Kurz das Auto zum Flughafen gebracht und auf in die Stadt. Die Stadt präsentiert sich sehr gastfreundlich. Die Leute regaierten sehr freundlichen. Daumen hoch für Borussia, aber Malaga gewinnt – sofern wir das Kuddelmuddel aus Spanisch und Zeichensprache richtig interpretieren konnten. Die Busse der Stadtrundfahrt  waren mit einer BVB- und einer Malaga-Fahne geschmückt – wir fühlten uns sehr willkommen. Im Großen und Ganzen merkte man der Stadt und seinen Menschen an, dass an diesem Abend wohl das wichtigste Spiel der Vereinsgeschichte auf dem Programm stand. Die ganze Stadt präsentierte sich in himmelblau-weiß.
Nach ausgiebieger Stadtrundfahrt und den ersten Warm-up-Getränken auf der Stadtfestung nahmen wir den zweiten Teil unserer Reisegruppe, Basse und Sascha, im Hotel in Empfang.
Die hatte sich früh morgens in Köln auf den Weg gemacht. Zuerst stand die gemächliche Zugfahrt mit der Bimmelbahn nach Weeze auf dem Plan. Nach eine leckeren Stulle und dem Umstieg in Krefeld ging es durch die niederrheinische Pampa zum Flughafen. Unterwegs bekamen wir herzliche Gesellschaft von einem GaLa-Bauern, der es mit der falschen Borussia hielt. Doof wie Bohnenstroh laberte er uns eine Bulette nach der anderen ans Ohr. Er meinte, dass Basse für seine BVB-Klamotten nicht viel Geld bekommen würde. Den trockenen Konter, dass er für seine BMG-Jacke doch wohl eher eine aufs Fressbrett bekommen würde, konnte er dann nicht wechseln und wurde ruhiger.

Am Großflughafen Weeze gab es dann das erste Bernstein. Dazu vertrieb man sich die Zeit mit dem Warm-Schocken. Irgendwann kam dann der Aufruf für unseren Flieger und wir hechteten mit Sieben-Meilen-Stiefeln durch die weiten des Terminals zum Gate. Nach zwei Minuten waren wir da. Der Flieger war voll mit schwarzgelb. Über den Wolken zeigte sich nun, warum Spanien in einer ernsten Wirtschaftkrise steckt, Großbritannien aber gut daher kommt. Schickte Iberia die Massen noch  während des Fluges nach Madrid durch die Wüste Gobi, schaltete Ryanair direkt in den Monsun-Modus. Die Saftschupsen rissen ordentlich Kilometer ab und pendelten während des gesamten Fluges von vorn nach hinten. Dabei waren sie durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Eine Bestellung von 16 Büchsen bedienten sie routiniert. Bange Blicke, ob die Biervorräte zu Neige gehen würden, wurden mit einem charmanten Lächeln quittiert. Man hatte offensichtlich das CL-Spiel berücksichtigt und die Tanks prall gefüllt. Echte Engländer! Nach einem – Dank an die krachledernen Würfelbecher – kurzweiligen Flug landeten wir pünktlich in Malaga. Vereint machte sich dann unsere Reisegruppe auf ins Getümmel, in die Altstadt. 

Völkerverständigung in Schwarzgekb und den anderen Farben.
Leider erwischten wir einen der statistischen sechs Regentage im Jahr, die es in Malaga gibt, was uns allerdings die Laune nicht verderben sollte. Die Fangetränke wurden größer und das Tempo zog an. Ein erstes Highlight war eine Malaga-Fankneipe mitten in der Altstadt. Man beäugt uns erst, aber nach klarer zuprostender ansage durch uns, war das Eis gebrochen und man hieß uns auch hier willkommen. Schon gut im Rennen, zogen wir ein Haus weiter und trafen bald, am Plaza de Merzed, auf die nächste uns bekannte Dortmunder Reisegruppe. Die Jungs waren aus Paderborn mit dem Bestflieger angereist und ebenfalls bereits gut im Saft. Das Tempo zog erneut an. Die sehr fanfreundlichen Getränkepreis (0,5 Liter vom Faß 3,00 €) sollten langsam fatale Folgen anbahnen lassen. Spätestens als dann auch die ersten Malaguistas neugierig den Pulg Dortmunder beäugte, wurde es hart. Die Jungs aus Malaga wurden im Schnellkurs in die deutsche Kampftrinkkultur eingeführt. Die Humpen wurden größer, das Tempo höllisch. In freundschaftlicher Atmosphäre haute man sich einen Fangesänge nach dem anderen gegenseitig um die Ohren. Die Stimmung war großartig. Basse ging dann sogar soweit, den Jungs das Schocken zu erklären, was eine wirkliche Herausforderung war: die Jungs sprachen weder Englisch noch Deutsch, wir kein Spanisch. Trotzdem konnten die ersten Erfolge am Würfelbecher mit ein paar neuen Humpen begossen werden. Man erkannte schnell seine gemeinsame Abneigung gegenüber Real Madrid, den Herren Ronaldo, Özil und Khedira sowie gegenüber den Freunden aus Sevilla. Putás Sevilla machte schnell die Runde. Ebenso erkannte man eine weitere Gemeinsamkeit namens Marcio Amoroso. Marcel und Sascha fuhren kurz zum Klamottenwechsel ins Hotel. Basse musste noch Schuhe tauschen. Da er aber auch schon den Blinker links hatte, drückte er Sascha kurzerhand seine Schuhe in die Hand, damit er ihm das andere Paar aus dem Hotel mitbringt. Barfuß ist ohnehin gesünder! Nachdem Sascha und Marcel zurück waren, ging es mit dem Taxi zum Stadion. Chauffiert wurden wir nicht von irgendeinem Fahrer, sondern von Sunny J. Izedome!
Pils und andere Genussmittel statt fester Nahrungsaufnahme schlugen insbesondere bei Holger heftigst an. Man sorgte sich, ob man ihn überhaupt ins Stadion bekommen würde. 1,5-Liter Wasser brachten ihn aber wieder etwas auf den Damm. Basse unterstützte Holger beim Einlass, während Marcel und Sascha zur Sicherheit draußen warteten. Hier durfte Marcel endlich mal seine Teleginität zur Schau stellen. Borussen-TV gab er ein denkwürdiges Interview während der Oppa neben ihm La Paloma oder doch eher Putas Sevilla pfiff.

Ins Stadion schafften wir es alle. Auf der Tribüne wurde deutlich, dass den Ordnungskräften der Alkoholpegel der Gästeblocks herzlich egal war. Die gastfreundlichen Preise hatten bei vielen doch deutliche Spuren hinterlassen.
Steile Treppen sowie das fortgeschrittene Alter in Kombination mit der Hopfenallergie sorgten doch für eine fast unüberwindbare Hürde. Klappte dann aber doch und zu Beginn waren dann auch alle wieder halbwegs auf der Höhe, wenn auch vorerst in getrennten Blöcken, weil Holgers Orientierungssinn noch nicht wieder ganz eingenordet war.
La Rosaleda
Die Stimmung im Stadion war klasse, spätestens als sich auch die Reihen der Malaguistas füllten. Es wurde richtig laut und es entwickelte sich dem Rahmen des Spiels entsprechend, eine tolle Atmosphäre. In der Halbzeit wiedervereint sowie weitere Schnapsleichen vom Massacker de Plaza de Merzed findend ging es weiter. Die Unterstützung nahm keinen abriss. Allerdings merkte man mit zunehmender Spieldauer schon, dass das doch etwas einlullende Spiel der Mannschaft auch auf den Support überschwappte. Zum Ende des Spiels hört man doch einige Unmutsbekundungen. Egal. Schlusspfiff und viel Applaus der Malaguistas Richtung Fans in Schwarzgelb. Sowas hatte man wohl bislang noch nicht gesehen bzw. erlebt. Der harte Kern der Malaga-Fans verweilte gar noch während unserer halbstündigen Blocksperre in ihrem Block. Man vertrieb sich die Zeit mit dem Absingen einiger Songs. Das Einsammeln der Eckfahnen durch einen Platzwart wurde ebenfalls mit der Laola – bei jeder Fahne – begleitet. Also, tolle Stimmung weiterhin.

Anschließend ging es zu einer Bar vor dem Stadion. Pepe drehte den Zapfhahn zu unser aller Freude  ordentlich auf. Diesmal kam man mit einigen in Malaga verweilenden Finnen ins Gespräch. Auch hier zeigte sich das ungemein positive Image, dass sowohl Mannschaft als auch Fans international  genießen. Für die Rückfahrt in die Stadt wollten wir wieder den Droschken-Fahrer unseres Vertrauens anwerben, aber Sunny J. war doch tatsächlich nicht erreichbar. Sei's drum, die Konkurrenz machte ihre Sache auch gut. In der Stadt ging es erstmal wieder in eine Pinte, bevor wir es doch tatsächlich schafften, uns in die Szene-Diskothek „People“ zu schummeln. Im Gedränge viel es sogar nicht auf, dass der ein oder andere von uns am Tisch ein Nickerchen machte. Holger und Basse zeigten unterdessen auf dem Parkett ungeahnte Let's dance-Qualitäten. Letztendlich endete dieser wunderbare Tag um kurz vor 4 Uhr.
Dass einige hirnamputierte Schwatzgelbe in der Altstadt  wieder einen Tango mit der Polizei anzetteln mussten, erfuhren wir erst am Folgetag. Sowas ist einfach nur Scheiße, aber leider wird man diese Superfans nicht los. Ohne Worte.

Fazit: Eine großartige Tour in eine großartige Stadt mit großartigen Menschen und nicht zuletzt großartigen Bierpreisen. Wirtschaftskrise ist einfach was feines, wenn sie nicht im eigenen Land tobt...

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Schwarzgelbe Grüße von
: Marcel, Sascha, Holger & Basse