Der große Tag ist also gekommen. Zwei Wochen Anspannung
sind der Konzentration im Büro nicht wirklich zuträglich gewesen, aber Kollegen
und Vorgesetzt zeigten Gott sei Dank Verständnis. Wie eigentlich bei jedem Mal,
wenn man Europa auswärts fährt, gibt es den ersten Hormonschub, wenn die
Bürotür hinter einem ins Schloss fällt. Ab jetzt hat man endgültig den
Tunnelblick. Praktisch, dass Marcel auch zeitig auf dem Weg nach Köln ist,
sodass wir bereits um 18:00 Uhr mit den ersten Kölsch-Stangen in der Hand auf
den Barhockern des ehrenwerten Triers Ecks verbracht haben. Während wir den
Choke noch in der Hand haben, geht es zum Bahnhof und von da aus zum Flughafen
Köln. Dort stieß dann auch David zu uns. Wir haben uns extra etwas früher
getroffen, um in bester Stiftung Warentest-Manier der dortigen Gastronomie auf
den Zahn zu fühlen. Dank EasyJet wurde es für die Dame hinterm Tresen dann ein
echter Härtetest, denn plötzlich stand eine Verspätung von rund zwei Stunden zu
buche. Die Zöllner vertrieben sich unterdessen die Zeit und führten eine
Strichliste von Dortmund-Fans und Klatschpappen. Den Zwischenstand wollte er
uns aber nicht verraten. Beim Abflug konnte EasyJet dann auf einen großen Teil
der Kerosinreserven sparen, da die Passagiere schon selbst genug Sprit im Tank
hatten. Da fiel es auch nicht ins Gewicht, dass der Bordservice nicht den
besten Tag hatte. Auf dem einstündigen Hüpfer über den Kanal kann man das in
Ruhe verkraften.
In Eindhoven, von wo Holger aus startet, ist die Lage
etwas entspannter. Dummerweise wird der Flughafen gerade komplett renoviert, so
dass sich die Flüssiggasversorgung auf Flaschenbier reduziert und das auch noch
von der einheimischen Marke „Bavaria“ ausgeliefert wird. Egal, beidhändig
beschäftigt wartet man auch hier auf den leicht verzögerten Abflug Richtung
Stansted. Ryanair schenkt hingegen gut und schnell aus. Auch die
obligatorischen 2 Pils pro Bestellung sind kein Thema, was bei dem
Freudenhaus-Preisen von 5,00 € pro Dose auch kein Wunder ist…
Lediglich Manuel hat mal wieder die Terrorgefahr auf sich
gezogen. Als erster von uns Richtung London startend, hat er gleich mal die
Komplettsperrung in Heathrow mitgebucht…
Mit der Bahn ging es dann den Rest der Strecke in die
City, Check-in im Hotel und noch ab in den nächsten Pub, das
"Miller's". Dort gesellten sich dann auch Holger und Manuel zu uns,
die bereits die umliegenden Häuser gecheckt und erste Fachgespräche geführt
hatten. Bereits hier kristallisierte sich heraus, wem die Sympathien der
Einheimischen fürs Finale gelten sollten. Man konnte zudem etwas Nachhilfe in
Sachen Geografie geben, da einige Engländer der Meinung waren, es stünden 2
Deutsche Mannschaften im Finale. Man konnte hier glaubhaft versichern, dass es
sich um eine deutsche und eine österreichische Mannschaft handeln würden. Und
die Österreicher spielen in Rot…
Da Abend fand dann seinen Ausklang beim einarmigen Reißen in der Pint-Klasse im Millers. Nachdem wir das Klassenziel erreicht hatten, ging es dann ab in die Falle.
Da Abend fand dann seinen Ausklang beim einarmigen Reißen in der Pint-Klasse im Millers. Nachdem wir das Klassenziel erreicht hatten, ging es dann ab in die Falle.
Das Fundament für den Rest des Tages war also gelegt. Im
Anschluss wollten wir uns dann als würdige Botschafter unserer schönen Heimat
präsentieren. Entsprechend assimilierten wir uns mit den Einheimischen im
Miller's. Der Anfang eines extrem lustigen Morgens. Neben einigen anderen
Dortmundern kam lungerte dort schon eine Herde stiernackiger
Leicester-Tigers-Fans herum, die Samstag ebenfalls ein großes Spiel erwartete -
und zwar im Rugby-Mekka Twickenham. Für einige launige Momente sorgte vor allem
Basses "Wüstenfuchs-Helm", der ein gefragtes Fotomotiv war. Um das
Ambiente abzurunden, wurde dann unter lautem Gelächter gemeinsam der alte
Gassenhauer von den "Ten german bombers in the air" die Runde. Es
wurde dabei sehr deutlich, dass die Sympathien der Engländer auf unserer Seite
lagen. Zum einen, weil unsere Mannschaft jung und unverbraucht ist, zum anderen
weil sich der Ruf unserer Fanszene schon sehr weit rumgesprochen hat. Einige
Engländer hatten sich sogar Warnwesten mit BVB-Logo bedruckt.
Mittags ging es dann zum Westminster-Pier. Dort trafen
wir uns mit dem Rest unserer Truppe. Auch ohne Karte hatten sich wie erwartet
abertausende Borussen auf den Weg gemacht. Das Bild in der Innenstadt war
komplett von der Borussia geprägt. Unsere Leute, die mit dem Bus kamen, waren
vorher noch am Trafalger Square und dort muss wohl
"Breitscheidplatz-Stimmung" gewesen sein. Sebastian Kulla hatte
tatsächlich zwei Klatschpappen im Gepäck, die beide von der Stimmung uns
Atmosphäre durch den BVB schwer beeindruckt waren. Nachdem man London zu Land
und in der Luft schon erobert hatte, fehlte noch die Wasserlandung.
Dies holten wir mit einer entspannten, aber auch
sangesfreudigen Bötchenrundfahrt über die Themse nach. Bei bestem Wetter
entspannte man auf dem Sonnendeck und genoss den Ausblick auf zahlreiche
Londoner Sehenswürdigkeiten. Bezeichnenderweise wurde Eva von 2 Schweizer
Touristen gefragt, wo denn die Bayern-Fans feiern würden. In der ganzen Stadt
würde man nur schwatzgelb sehen…Nach der Rückkehr zum Westminster-Pier stand
dann die Trennung unserer Gruppe an. Während die acht glücklichen Karteninhaber
Richtung Stadion fuhren, kehrte der Rest der Gruppe bei Hamburger, Bier und
Hochsitz-Cola in der australischen Bar Walkabout ein, wo das Spiel auf
zahlreichen Bildschirmen übertragen wurde. Eva und Manolo durften dann noch mal ne halbe Stunde vom
Stadionbesuch träumen, doch 2 Stationen vor Wembley Park mussten wir den beiden
mitteilen, dass der Schwarzhändler vorm Stadion uns ohne Karten stehen gelassen
hatte. Emotionale Höchststrafe für die beiden, doch nach anfänglicher schwerer
Enttäuschung gabs dafür von den beiden dann halt Vollgas im Walkabout. Hut ab.
Die Bahnfahrt nach Wembley gestaltete sich äußerst stimmungsvoll. Die wenigen Klatschpappen in der Bahn waren nicht zu hören bzw. waren von dem schwatzgelben Mob dermaßen beeindruckt, dass sie die Kameras zückten. Die Borussen verbreiteten einfach schon in der Tube Stadionatmosphäre mit Entenanzug. Sogar große Fahnen zierten die Bahnen von innen. Im Stadion war das Kräfteverhältnis numerisch recht ausgeglichen. Unser Support war ordentlich, aber unseres Erachtens nicht außergewöhnlich und dem Ereignis angemessen. Der Eindruck kann einerseits der Akustik im Wembley geschuldet sein, auf der anderem Seite hat die bereits vielfach diskutierte katastrophale Kartenvergabe des BVB sicherlich auch ihren Teil dazu beigetragen.
Der Spielverlauf dürfte wohl der halben Welt schon
hinlänglich bekannt sein und wird hier deshalb ausgespart. Die Pokalübergabe
bereitete deutlich mehr Herzschmerz als im Vorfeld erwartet. Stark in jedem
Fall, wie unser Publikum direkt nach Anschluss durch laute Gesänge die
Mannschaft würdigte, während gegenüber relative Ruhe herrschte.
Nun begann für uns der wie immer heißgeliebte Heimweg.
Schon vorher konnte man erahnen, dass die Bahnstation zum Nadelöhr werden kann
und so war es auch. Die Massen stauten sich, aber die Ordnungshüter hatten die
Situation sehr gut im Griff und es ging erstaunlich schnell voran. Die Kunden
des FCB feierten den für sie heiß ersehnten Triumph wie einen Sieg gegen
Hoffenheim am 23. Spieltag. Emotionen pur – bloß konnte man sie nicht wahrnehmen.
Gesungen und gefeiert wurde wieder nur von einer Gruppe und das trotz
schmerzlicher Niederlage in der letzten Minute.
In der Bahn gab es dann ein Déjà-vu mit Berlin 2008. Konversation untereinander war nur über SMS möglich, da die Bahn explodierte und drohte, aus den Schienen zu springen – ach ne, sorry, da war ich jetzt in 2012 in Berlin gelandet... Während wir Dortmunder erhobenen Hauptes unserem wunderbaren Verein hochleben ließen, verhielten sich die Klatschpappen artgerecht. "Ruhe Leute, die Bayern wollen feiern!", hallte es ironisch durch die Bahn, während auf jedem Friedhof mehr los gewesen sein dürfte. Höhepunkt war der Hinweis einer Klatschpappe, wir sollten doch auch mal derartiges Lärmmaterial im Stadion auslegen, das wäre richtig laut...
In der Bahn gab es dann ein Déjà-vu mit Berlin 2008. Konversation untereinander war nur über SMS möglich, da die Bahn explodierte und drohte, aus den Schienen zu springen – ach ne, sorry, da war ich jetzt in 2012 in Berlin gelandet... Während wir Dortmunder erhobenen Hauptes unserem wunderbaren Verein hochleben ließen, verhielten sich die Klatschpappen artgerecht. "Ruhe Leute, die Bayern wollen feiern!", hallte es ironisch durch die Bahn, während auf jedem Friedhof mehr los gewesen sein dürfte. Höhepunkt war der Hinweis einer Klatschpappe, wir sollten doch auch mal derartiges Lärmmaterial im Stadion auslegen, das wäre richtig laut...
Anlaufpunkt für uns war wieder das Miller's - Schuster solle je schließlich bei seinen Leisten bleiben und das Thekenteam hatte sich am Morgen bzw. Vorabend bewährt. Man traf auf David, der dank Jägermeister die Lampen schon gewaltig an hatte. Im Pub ging nun richtig die Post ab. Das Miller's war rappelvoll und es wurde gesungen, getanzt und gelacht – nur in schwatzgelb versteht sich. Eva und Nicole machten sich irgendwann auf den Weg zurück zu ihrem Bus, während der Rest nochmal mächtig auf die Tube drückte. Vereinzelt sah man rote Trikots an der Scheibe des Pubs vorbei huschen, die beim kurzen Blick in den Laden, schnellst möglich das Weite suchten. Der Abend klang aus, wie der Tag begann. Wildfremde Menschen wollten sich mit uns fotografieren lassen oder liehen sich von uns Schwatzgelbes, um sich selber damit eine schöne Erinnerung auf Foto festzuhalten. Leider gab es auch hier einige Bastarde die meinten, einfach die Sachen von uns zu zocken. Leider ging neben der einen oder anderen Erinnerung auch Manuels Kringe-Trikot und Evas Jacke (im Walkabout) verloren. Unschöner Höhepunkt. Manuels spontan angeordnete und selbst durchgeführte Personenkontrolle auf der Toilette des Millers blieb zumindest erfolglos bzw. für ihn ohne weitere körperliche Schäden...
2 kleine Tommys suchten dann später noch Streit und wollten uns zum Tanz auffordern. Wir hätten aber an diesem Abend ohnehin nur den Klatschpappentango mit den Roten getanzt. Ein Perle der beide sollte von einem von uns angefasst worden sein. Daraufhin wollte man 20 Mann zusammen trommeln, die uns dann zeigen, was Sache ist. Mit Holgers dezenten Hinweis auf die ca. 50 – 100 Schwatzgelben in der Kneipe und das 20 Mann daher doch vielleicht ein paar zu wenig wären, wandten sich die beiden hilflosen Gestalten händeringend an den Türsteher. Der hatte uns aber sowieso ins Herz geschlossen und hatte für die beiden nur ein müdes Lächeln über. Dann kam die große soziale Stunde unseres Pädagogen Sebastian S. Der nahm sich der beiden hilflosen Engländerknaben an, während wir Playboy Kulla animieren wollten, sich um die betroffene Damenwelt zu kümmern... Schnell einigte man sich auf die Version, dass die Perle mit ihrem Hinterteil gegen die Hand eines Schwatzgelben gelaufen sei und im Prinzip selbst Schuld sei – frei übersetzt „Komm, die wollte es doch“. Man sah dann kurz drauf alle feixend und lachend, ebenfalls sich gegenseitig in schwatzgelb ablichten lassend, mitfeiern. Das nenn ich mal Deeskalation.
Der Sonntag begann wie der Samstag, Madame Pompidou
tischte ordentlich an. Für 11:15 Uhr hatten wir eine Stadiontour im Craven
Cottage zu Fulham gebucht. Mit zwei der typischen Londoner Taxis ging es quer
durch die Stadt. Der Fahrer unseres Taxis, nach eigener Aussage ein ehemaliger
Fulham-Spieler, ließ es sich nicht nehmen am Hotel der Klatschpappen-Mannschaft
vorbeizugondeln. Freundlich grüßten wir mit dem Kraftfahrer-Gruß aus dem
Fenster. Die Stadion-Tour, die wir zu insgesamt acht Leuten antraten, entpuppte
sich als Glückstreffer. Die fast zwei
Stunden in dem ältesten Stadion der Premiere League waren dank Michael
Jackson-Statue und viel Geschichte sehr kurzweilig. Selbst der Rasen wurde von
einigen unserer Mitglieder eingehend geprüft, was bei den beiden Guides für
sehr viel Freude sorgte. Besonderen Dank gilt hier dem Sportkameraden Kulla für
seinen stilechten Ruud van Nistelrooy-Gedächtnisjubel! Als wir kurz vorm Ende
der Tour aus den Katakomben auf die Tribüne kommen, sitzen da 4 Rothemden und
machen Fotos vom Stadion. Nach dem die Feierbiester unsere schwarzgelbe Armada
erblickt, verlassen sie fluchtartig das Stadion.
Die Tour endete wie immer in
einem Merchandising-Store. Dort kam es umgehend zu einer denkwürdigen Showdown
mit einer unverkennbaren Klatschpappe: Marcel fragte den Burschen bierernst, ob
er denn wüsste, wo es in dem Shop die Fulham-Klatschpappen geben würde. Zu
unser aller Freude wurde ihm ein komplett ernsthaftes "Ähhhh, nein!" entgegnet.
Selten haben wir so gelacht! Der ganze Shop krümmte sich vor Lachen und dem
armseligen Typen wurde noch empfohlen, sich den Henkeltopf wohin zu schieben…
Abgerundet
wurde die Tour dann durch einen sehr geselligen Nachmittag in der
Außengastronomie des Stadioncafés, wo wir das Wochenende Revue passieren lassen
konnten und jeder noch mal sein Europapokaljahr zum Besten geben konnte. Auch
hier zeigten wir uns von der interkulturellen Seite. Besonders heiter wurde es,
als neben uns ein Auto mit englischen Senioren parkte. Der Oppa sprach uns auf
das Spiel an und war begeistert, dass wir alle so gut Englisch sprechen würden.
Er selber könne kein Wort Deutsch. Basse schien ob der kühnen Behauptung etwas
irritiert und fragte: "Do you know the word Blitzkrieg?" Dank des
englischen Humors gab es kein Backenfutter vom Oppa, sondern ein herzhaftes
Lachen. Während unserer Gruppe nach und nach kleiner wurde, weil einige ihren
Rückflug bekommen mussten, stieg die Rechnung und Laune der übrigen Mohikaner
Holger, Marcel, David und Boris gemäß des Bierpegels. Als um 16:00 das Cafe
schloss, stand eine stattliche Rechnung von 128 € auf dem Tacho... Bei feinstem
Wetter steuerten wir entlang der Themse zum nächst gelegenen Bahnhof und fuhren
ins Walkabout.
Abends ging es dann zum Abschluss des Wochenendes zur Old
Street, wo wir uns mit einer Urlaubsbekanntschaft von Marcel zu Livemusik
vergnügten. Marcel und Basse nahmen den letzten Absacker noch gewohnt
im Miller's, wo man von den Security-Mitarbeitern schon per Handschlag begrüßt
wurde.
Fazit: die Frage, was wohl los gewesen wäre, wenn wir das
Ding geholt hätten, stellt sich leider immer noch. Insbesondere dieses rote
Feiervolk, Prototyp Golfspieler oder Kundengruppe Fernost, mit ihren Club Nr.
0815-Fähnchen im Rucksack und der Klatschpappe an der Arschbacke hat uns
gezeigt, wie man einen Champions League Sieg mal richtig feiert…
Nur der BVB.
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Schwarzgelbe Grüße von: Basse, Marcel & Holger