Twente Enschede – Heracles Almelo 3:1
Die alljährliche Tour ins Nachbarland – diesmal mit Mo und Chrissy
in Begleitung - führte in diesem Jahr erstmalig nach Enschede. Ziel war
das „De Grolsch Veste“ – Die Grolsch Festung. Im langweiligen und
einfallslosen Dschungel neumodischer Arenen, Parks, Schlauchboote und
Getränkehallen, endlich mal ein einfallsreicher Sponsorenname für ein
Fußballstadion. Sympathisch fiel zudem auf, dass kein Einkaufszentrum
(wie in Amsterdam) oder eine Multifunktionshalle mit Dach (Arnheim)
angeschlossen war, sondern, dass die Festung nur ein einfaches,
stinknormales Stadion ist.
Twente hat trotzdem seine unsympathischen Seiten. Seit ca. 20
Jahren besteht eine innige Fanfreundschaft mit den Blauen. Demzufolge
sah man im Stadion auch viel Blaukraut, was seine hässlichen Farben zur
Schau stellen musste. Ekelhaft.
Das Stadion liegt in einem Industriegebiet abseits der Stadt. Trotz
Empfehlung, irgendeinen kostenfreien Parkplatz in dem Industriegebiet
zu suchen, folgten wir dem Strom über eine kleine Einbahnstraße direkt
zu den Parkplätzen vorm Stadion. Oh Gott, hier droht ein zweites
Mönchengladbach, waren die ersten Gedanken, als wir erkannten, wohin der
Weg führte und es kein Zurück mehr gab. Außer einer Flasche Wasser
hatten wir keine Nahrungsmittel mehr bei uns – das konnte also eine
lange Nacht werden, wenn sich dieses befürchtete Gladbach Reloaded
bewahrheiten sollte…
Der Parkplatz kostete 5,00 € und befand sich unweit des Stadions.
Alles wirkte, trotz des hohen Verkehrsaufkommens völlig unaufgeregt und
entspannt. Am Stadion warfen wir gleich mal einen Blick in den Fanshop.
Klein, modern und mit dem üblichen Nippes gefüllt. Die gefürchteten und
von meiner Kartenquelle angekündigten Freundschaftsschals fielen uns zum
Glück nicht ins Auge…
Dafür aber eine Kneipe im Stadion, direkt gegenüber. VAK P hieß der
Laden und aus den Boxen hämmerte Technosound. VAK P ist der Ultrablock
von Twente und hier stehen, laut meiner Kartenquelle, bei jedem Spiel
bis zu 20 Asseln aus Gelsindelkirchen. Also, weder Mucke noch Klientel
in diesem Laden sprachen uns zu, so dass wir uns auf den Weg Richtung
Eingang machten. Am Eingang wirkte alles ebenfalls herrlich entspannt,
obwohl es nur noch 20 Minuten bis zum Anstoß waren. Kein Gedränge, alles
easy. Sicherheitskontrollen gab es nicht, obwohl genug Ordner präsent
waren. Auch mal angenehm, nicht gleich in Sippenhaft genommen zu werden.
Unsere Plätze lagen leider nicht nebeneinander, was der Tatsache
geschuldet war, dass die Idee zu diesem Spiel zu fahren, erst sehr
kurzfristig entstand. Wir hatten Plätze hinter einem der Tore, die aber
echt gut waren. Twente erlaubte sich zwar einen „Derbyaufschlag“ von 10 €
zu nehmen, aber für 37 € kann man selbst über die Plätze nicht meckern.
Heimspiele von Twente sind immer sehr gut besucht, zudem hatte das Spiel Derbycharakter. Almelo liegt nur ca. 25 km von Enschede entfernt. Allerdings handelt es sich eher um ein Derby á la BVB gegen Bochum, wo eher die räumliche Nähe das Derby prägt, als die sportliche Rivalität. Das bestätigt auch, dass für das Spiel ca. 1.000 Gästekarten zur Verfügung standen. Gästefans sind in Holland bei brisanten Spielen eher nicht zugelassen. Und in Holland gilt nahezu jedes zweite Spiel als brisant. Allerdings wurden nur 500 Karten an Heracles abgesetzt, so dass der Gästeblock nur zur Hälfte gefüllt war und das Stadion auch nicht restlos ausverkauft war. Generell ist es schwierig in Holland Karten zu bekommen. Seit Jahren haben die Vereine Clubkarten eingeführt, also ein Registrierungsmechanismus, ohne welche eigentlich nichts geht. Trotzdem habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass die meisten Vereine für einzelne Spiele eine Ausnahme machen, wenn man nett anfragt. Bei Twente geht aber ohne Karte normal nichts, obwohl Twente mittlerweile sogar den kargen und blau getränkten Markt im westlichen Münsterland entdeckt hat und dort sogar Ticketshops eröffnet hat, benötigt man trotzdem eine Clubkarte. Zum Glück hatte ich letztes Jahr jemanden über ein Internetforum in Holland kennen gelernt, der bei der Ticketbeschaffung für die Eredivisie sehr hilfsbereit ist. Diesmal konnte derjenige 3 Karten über seine Clubkarte für uns klar machen.
Der Gästeblock kam sehr laut rüber, was vermutlich auch daran lag,
dass er direkt über uns lag. Der Support von Twente war eher mau. Wie
mein Kartenquelle mir erklärte ist das wohl seit Jahren so – vermutlich
wegen dem ständigen blauen Gesocks im Stadion – was daran liegt, dass
auch in Enschede die eigentlichen Werte des Fußballs mehr und mehr
verkauft werden. Seit einiger Zeit schmeißt man sich wohl jedem Investor
an den Hals, der nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Die Fanszene ist wohl
ziemlich sauer gefahren, was sich wiederum durch den mangelnden Support
zeigt.
Vorm Spiel wurde auch hier das mittlerweile (leider) in vielen
Stadien obligatorische YNWA gespielt – im Original – aber trotzdem durch
den späteren Ohne-Musik-Gesang der Tribünen ziemlich verunstaltet.
Das Spiel war eher von der Güteklasse Paderborn gegen Aue (Zitat
Mo), obwohl Twente an diesem Abend mit einem Sieg Tabellenführer werden
konnte. Almelo dümpelt irgendwo im Niemandsland rum. Körperlos, tempolos
und für holländische Verhältnisse auch mit vielen Stockfehlern. Der
eine oder andere konnte ansatzweise bei Twente gefallen, Almelo hatte
eigentlich kaum einen herausragenden Akteur. Das war alles ziemlich
bieder. Einzig der Ex-Blaue Dauerreservist Cziommer stach ein bisschen
hervor, da er hier und da mal eine Idee hatte oder durch typisch blaues
Gejammer und Gestikulieren auffiel. In die Halbzeit ging es dann mit 1-0
für Twente. Pro Tribüne gab es einen kleinen Getränkestand. Wer noch
einmal über die schleppende Versorgung im Westfalenstadion meckert,
sollte sich mal versuchen in der Festung zu besaufen! Twente hat, wie
viele holländische Stadien, ein Münzsystem zum Bezahlen. Eigentlich
total einfach und meines Erachtens tausendmal einfacher und
sympathischer als ein Stadiondeckel. Kleines Bier 1 Münze, Großes 2
Münzen usw. Mindestens 10 € muss man in Münzen tauschen, an einem
Automaten, der unter der Tribüne hängt. In der Halbzeit stach uns dann
auch gleich eine Gruppe kleiner Nachwuchs-UGEler auf, die ihre Kontakte
zu den Einheimischen knüpfte. Leider wollte uns keiner von den Blagen
anrempeln…
Die Story zur zweiten Halbzeit ist dann schnell erzählt. Twente im
BVB-Modus, beste Chancen wurden ausgelassen. Irgendwann dann 2-0 und der
Drops schien gelutscht, vor allem als ein paar Minuten drauf auch noch
ein Spieler von Almelo mit Glattrot runter musste. Kurz drauf –
ebenfalls BVB-Modus – der Anschlusstreffer durch einen haarsträubenden
Abwehrfehler in der Twente-Deckung. Almelo merkte dann, dass vielleicht
doch noch was gehen könnte und wurde mutiger, wenn auch nach wie vor mit
bescheidenen Mitteln. Twente wackelte. Erst ein Elfer kurz vor Schluss
brachte die Entscheidung und die Holländer verfielen in eine ganz
komische Schunkellaune. Ganz seltsame Kultur plötzlich. Schlimmer als
Andy Schabe und alle Schlagerbarden zusammen, mit denen wir im
Westfalenstadion so beschallt werden. Egal, Ende, Aus. Heimweg.
Das befürchtete Gladbach fiel aus. Wie mir schon bei anderen
Spielen in Holland aufgefallen war, haben die Holländer ein echt gutes
Verkehrskonzept nach dem Spiel und regeln die Zuflüsse von den einzelnen
Parkplätzen durch Ordner. Somit hielt sich die Zeit im Stau vom Stadion
auf die Hauptverkehrsstraße in erträglichen Grenzen.
Fazit: nettes Stadion, nette Atmosphäre. Trotzdem, blaues Gesindel
im Stadion braucht kein Mensch. Da die Schlümpfe aber von Natur aus
einen Hang zu biederem und erfolglosem Fußball haben, ist zu verstehen,
dass sie eine Affinität zu Twente entwickelt haben…
Nur der BVB
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Schwarzgelbe Grüße von: Holger, Mo & Chrissy